Hochbegabt?
Merkmale, Definition
Hochbegabte Kinder sind so verschieden wie andere Kinder auch, jedoch zeigen sie häufig folgende Merkmale:
Vorsprung in der Entwicklung grundlegender Fertigkeiten im Vergleich zu Gleichaltrigen
Besonders schnelle Auffassungsgabe bzw. Lernfähigkeit
Sehr hohes Detailwissen (bei vorhandener Motivation)
Gute Beobachtungsgabe
Großer Wortschatz und differenzierte Ausdrucksweise
Gute Merkfähigkeit
Weit fortgeschrittene logische Denkfähigkeit
Schnelles Durchschauen von Zusammenhängen
Fähigkeit mit komplexen Konzepten und Abstraktionen umzugehen
Kritisches und unabhängiges Denken
Ihre Arbeitshaltung und
Interessen sind
gekennzeichnet durch:
​
-
Intensive Beschäftigung mit Problemstellungen
-
Auftreten von Langeweile bei Routineaufgaben
-
Schwer zufrieden zu stellen
-
Starke Kritik an sich selbst
-
Interesse an Erwachsenenthemen
-
Unabhängiges und selbständiges Arbeiten
Das Sozialverhalten zeichnet
sich aus durch:
-
Hohe Individualität
-
Hinterfragen von Autoritäten
-
Ablehnung von Regeln um der Regeln willen (Sinnhaftigkeit muss klar sein)
-
Übernahme von Verantwortung
-
Nonkonformität eher als Konformität
-
Starkes Bewusstsein für Recht – Unrecht / gut – böse
-
Hohes Einfühlungsvermögen
-
Bevorzugung gleich befähigter Freunde statt gleichaltriger Freunde
-
Führungsqualitäten
(vgl. Lange & Mehl, 1993; Eyre, 1998; Webb, 1993)
Wie erkennt man aber den Unterschied zwischen hochbegabten bzw. talentierten und intelligenten Kinder?
Ein kluges Kind ist interessiert, ein (hoch)begabtes ist ausgesprochen neugierig.
Ein kluges Kind beantwortet Fragen, ein (hoch)begabtes Kind diskutiert die Details.
Ein kluges Kind weiß die Antwort, ein (hoch)begabtes Kind fragt die Frage.
Ein kluges Kind gehörte zur Spitze, ein (hoch)begabtes Kind steht jenseits der Gruppe.
Ein kluges Kind begreift die Bedeutung, ein (hoch)begabtes zeigt Unterschiede auf.
Ein kluges Kind ist wachsam/aufgeweckt, ein (hoch)begabtes Kind ist leidenschaftlich wachsam.
Ein kluges Kind beendet die Arbeiten, ein (hoch)begabtes Kind initiiert Projekte.
Ein kluges Kind hat gute Ideen, ein (hoch) begabtes Kind hat ungewöhnliche und alberne Ideen.
Ein kluges Kind geht gerne in die Schule, ein (hoch)begabtes Kind lernt gerne.
Ein kluges Kind hat ein gutes Gedächtnis, ein (hoch)begabtes Kind rät gut.
Ein kluges Kind ist beim/mit Lernen zufrieden, ein (hoch)begabtes Kind ist höchst kritisch.
Ein kluges Kind ist aufnahmefähig, ein (hoch)begabtes ist intensiv.
Ein kluges Kind lernt leicht, ein (hoch)begabtes „weiß schon“.
Ein kluges Kind hat gerne geradlinige unterteilte Präsentationen, ein (hoch)begabtes Kind strebt nach Kompexität.
Ein kluges Kind bevorzugt Gleichaltrige, ein (hoch)begabtes Kind bevorzugt Erwachsene oder ältere Kinder/Jugendliche.
Ein kluges Kind nimmt Informationen auf, ein (hoch)begabtes manipuliert Informationen.
Damit sich eine intellektuelle Hochbegabung zeigen kann, braucht es mehr als einen hohen IQ. Wie bereits erwähnt zeigt ein hoher IQ-Wert nur an, dass ein hohes intellektuelles Potential vorhanden ist. Ob dieses in Leistung oder Begabung umgesetzt wird, ist von verschiedenen Faktoren abhängig und zwar einerseits von der eigenen Persönlichkeit (Intelligenz oder überdurchschnittliche Fähigkeit, Kreativität und Aufgabenverpflichtung oder – zuwendung ), aber auch von der Umwelt (Familie, Peers und Schule) andererseits.
Abbildung 2: Modell der triadischen Interpendenz nach Mönks (1995, 16) aus Ziegler, 2008, Hochbegabung S. 49.
​
Dieses Modell zeigt hauptsächlich auf, dass die meisten Hochbegabten trotz überdurchschnittlich hoher Intelligenz und außergewöhnlichen Fähigkeiten ohne Unterstützung nichts Überragendes leisten können. Es braucht auch die optimale Persönlichkeit und die richtigen Umweltbedingungen, damit sich Hochbegabung zeigen kann. Sie benötigen Unterstützung einerseits im intellektuellen Bereich, genauso wie in gefühlsmäßiger Hinsicht. Auch Hochbegabte wollen verstanden und akzeptiert werden und auch sie wollen, dass man ihnen hilft, sie ermutigt und ihnen Wertschätzung entgegenbringt.“ (Webb, Mechstroth & Tolan, 2007, S. 27-28)
​
Begabungsentfaltung - ein Grundbedürfnis
Hochbegabte zeichnen sich mit einem Merkmal besonders aus – der Freude am Denken! Das ist für die meisten nicht nachvollziehbar, beziehungsweise wird das gar nicht in Betracht gezogen, weder von Kindern, noch von Erwachsenen. „Diese Freude am Denken geht mit dem Bedürfnis nach kognitiver Stimulation und Herausforderung einher; wird diese nicht erfüllt leidet das Wohlbefinden.“ (Preckel & Baudson, 2013, S. 36)
Seine Begabungen entwickeln, den Wissensdurst stillen, anders und trotzdem zugehörig zu sein - all das sind Grundbedürfnisse, deren Erfüllung unabdingbar mit einer gesunden Persönlichkeitsentwicklung verbunden sind. Das Grundrecht auf Begabungsförderung ist in Österreich auch gesetzlich im Grundsatzerlass (BMB-10.060/0099-I/8/2016) sowie international in der Menschenrechtskonvention verankert.
Die weit verbreitete Meinung ist jedoch, dass Hochbegabte privilegierte Menschen seien, die vom Leben schon so beschenkt sind, dass sie keine weitere Förderung benötigen. Häufig begegnet man Assoziationen wie „eingebildet, Besserwisser, Angeber, Elitenbildung“.
Fragt man Betroffene oder ihre Familien, hört man von Schwierigkeiten wie Unverständnis der Umwelt, Sinnkrisen , Mobbing und Motivationsverlust.
Unterforderung in der Schule ruft dieselben physischen und psychischen Beschwerden hervor wie Überforderung. Statistiken belegen Verhaltensauffälligkeiten, psychosomatische Beschwerden, Schulabbrüche, psychische Krankheitsbilder bis hin zu erhöhter Suizidgefahr als Ergebnis inadäquater Bedingungen in der schulischen und sozialen Begleitung von Hochbegabten.
Dadurch entsteht nicht nur ein persönlicher oder familiärer Schaden, sondern auch ein wirtschaftlicher. Für unsere Zukunft benötigen wir aber genau diese Menschen, die selbständig und kritisch denken, Zusammenhänge und Hintergründe erkennen und kreative und neue Lösungen finden können.
Begabtenförderun und -entfaltung ist also auch existenziell wichtig für unsere gesellschaftliche Weiterentwicklung und auch, um Herausforderungen, die die Zukunft bringt zu meistern.
(Hoch)Begabte haben eine schnelle Auffassungsgabe und Verarbeitungsgeschwindigkeit. Das heißt aber noch nicht, dass sie automatisch Überragendes leisten oder hochbegabtes Verhalten zeigen. Dazu braucht es die optimale Persönlichkeitsentwicklung und die richtigen Umweltbedingungen, also Förderung im intellektuellen Bereich einerseits wie in emotional-sozialer Hinsicht (z.B. Wertschätzung und Akzeptanz).
Ausgebildete Mathematiklehrer für den nachmittäglichen Förderunterricht für Begabte analog zu Instrumentallehrern gibt es nicht. Ausgebildete Talentescouts kennt man im Sport, nicht aber in der Physik.
talenteraum deckt dieses Defizit mit verschiedensten Förderangeboten ab und bietet Kindern, die schneller und leichter lernen und sich mehr Gedanken über die Welt und den Sinn des Lebens machen, einen Raum, in dem sie auf Gleichgesinnte stoßen und sich somit nicht mehr als Außenseiter wahrnehmen und mit Freude ihren Talenten und Interessen nachgehen können.
​
Aus: Ellen Winner:“Hochbegabt – Mythen und Realitäten von außergewöhnlichen Kindern“, 2004
Die gängigsten Irrtümer über hochbegabte Kinder:
​
Hochbegabte Kinder sind für gewöhnlich in allen schulischen Bereichen besonders begabt.
Hochbegabung ist zu 100 Prozent angeboren.
Hochbegabung ist ausschließlich das Ergebnis harter Arbeit.
Alle Kinder sind ausgesprochen begabt.
Kinder werden von ihren Eltern unter Druck gesetzt und auf hochbegabt getrimmt.
Auch hochbegabten Kindern werden bedeutende Persönlichkeiten.
Hochbegabte Kinder haben nur selten Lernbeeinträchtigungen.
Hochbegabte Kinder sind sich nicht bewusst, dass sie irgendwie anders sind als andere.
Wenn man hochbegabten Kindern sagt, dass sie anderen in ihren Fähigkeiten voraus sind, werden sie selbstgefällig.
Die besonderen Fähigkeiten und Talente hochbegabter Kinder spiegeln sich in ihren Schulleistungen wider.
Hochbegabte Kinder können sich normalerweise gut organisieren und haben gute Lerntechniken.
Hochbegabte Kinder setzen ihr Potenzial nur dann um, wenn man sie ständig unter Druck setzt.
Die emotionale Reife hochbegabter Kinder ist ebenso weit fortgeschritten wie ihr Intellekt.
Hochbegabte Kinder haben nur selten mit emotionalen oder zwischenmenschlichen Problemen zu kämpfen.
Hochbegabte Kinder stellen ihre Talente und Fähigkeiten gerne vor anderen zur Schau.
Die besonderen Fähigkeiten, die Intensität und die Sensibilität hochbegabter Kinder werden in ihren Familien grundsätzlich sehr geschätzt.
Hochbegabte Kinder sind leichter zu erziehen als die meisten anderen Kinder.
Eltern können die Hochbegabung ihrer eigenen Kinder nicht erkennen.
Lehrer wissen genau, wie man mit hochbegabten Kindern umgeht.